New year’s day

So, der Sekt ist kalt gestellt. Die Küche ist aufgeräumt (naja,fast). Die Haare liegen gut. Hohe Schuhe heute Abend? Mal gucken. Wo ist mein zweiter türkiser Ohrring?? Immerdasgleiche.
In Aserbaidschan ist schon new year´s day. Lasst es rocken! Auf ein buntes lebendgieriges 2013! 😉

Zum guten Schluß

eine kleine Geschichte.
40 jährige Tochter einer Patientin, die hier mit Herzinsuffizienz liegt.
Tochter ruft mit ihrem Handy auf unserer Station an.
Schwester Moni geht dran.
Tochter: „Ich sitze hier gerade in der Cafeteria. Können Sie mir meine Mutter mit dem Rollstuhl runterschieben?“
Moni (hyperventilierend, parallel auf dem Krankenhausflur schellen gerade sechs Patienten Sturm, zwei übergeben sich, einer hat übelriechenden Durchfall):
„Nein, kann ich nicht, dazu haben wir keine Zeit.“
Tochter: “ Wieso denn das nicht? Ist doch nur eine Kleinigkeit.  Patienten sind Kunden, unverschämt,blah blah, werde mich beschweren, Chefarzt sprechen, blah, blah…“
Moni: „Wieso kommen Sie nicht selbst und holen ihre Mutter?“  (Die Cafeteria ist zwei Stockwerke unter der Station.)
Tochter: „Ich? Nein, das ist nicht meine Aufgabe.“

Mutter = Aufgabe.

Mir ist kalt. Moni legt wortlos auf.

Machmallauter – Harder than you think – Public enemy

Soundtrack von End of watch, dem neuen Actionfilm mit  Jake Gyllenhaal und Michael Peña.

Hörenswerte und kraftvolle Musik von public enemy.

Sehenswert ist End of watch, wenn ihr auf die ruckelige Kameraführung nicht mit Übelkeit reagiert.
Sehenswert ist End of watch, um sich den Mund von Jake Gyllenhaal in Großaufnahme anzuschauen.
Sehenswert ist End of watch, wenn ihr auf schmutzige Sprache steht.
Sehenswert ist End of watch, wenn ihr am Ende weinen wollt.
Nicht sehenswert ist End of watch, wenn ihr mit einem Lächeln aus dem Kino gehen wollt. 😉

Kaffeesöhne

Kaffeesöhne.

Kaffeesöhne sind Angehörige, die ihre Eltern zweimal im Jahr besuchen. Meistens zum Samstagskaffee. Kaffeesöhne wohnen häufig weiter weg, in Trier oder Bonn oder  München. Manchmal auch in Hamburg oder Berlin. Häufig Rechtsanwälte. Gerne politisch sozialdemokratisch aktiv.

Es hat auch einen guten Grund, wieso die Kaffeesöhne so weit weg wohnen.

Entweder sind die Eltern schrecklich, so dass die Söhne fliehen mussten oder umgekehrt. Wenn man Pech hat, sind beide schrecklich.  Wenn die Eltern der Kaffeesöhne im Krankenhaus liegen, laufen die Söhne, gerne am Wochenende in aggressiver Präsenz auf. Eine Visitenkarte (ichkanndieschonnichtmehrsehen) wird dem Pflegepersonal hingehalten. Und wehe es kommt nicht sofort ein Arzt, der umfassend über die Blutwerte der letzten 10 Jahre Auskunft gibt. Ob der anwesende Arzt 150 Betten und ambulante Patienten und die Intensivstation zu versorgen hat, egal.  Der Kaffeesohn hat Vorfahrt. Er ist Rechtsanwalt oder kennt einen. Oder er kennt einen, der bei der BILD arbeitet.

Verloren hat man als Arzt, wenn es zusätzlich zu dieser Konstellation noch eine rothaarige pensionierte vegan lebende Lehrertochter gibt. Die wohnt unverheiratet unzufrieden mit vielen Falten und Katzen in Düsseldorf. Ihr Hobby ist es, Mutti zu pflegen und uns auf den Sack zu gehen mit täglichen Telefonaten.

Auch wenn wir für Mutti alles richtig machen, werden wir anschließend beschimpft, weil Mutti mit 92 Jahren nicht mehr ganz so mobil ist. Vorher sei sie ja noch Auto gefahren (nee is klar, mit kontrakten Achillessehnen, mach mir das mal bitte vor).

Es klopft gerade jemand herrisch an meine Tür.  Bestimmt der nächste Sohn, der jetzt mal einen richtigen Arzt sprechen will, bevor er zur Bild geht. ;-).

Zwischen den Tagen

ist in der Klinik eine knubbelige Zeit. Heute auf der Visite knatschende Angehörige, knatschende Patienten, erschöpftes krankes Personal.

Auf  Zimmer 4:

Ich (erkältet, heiser, eigentlich schon tot): “ Welche Beschwerden haben Sie denn Frau W?“

Frau W: “  Ich verstehe Sie nicht. Sie müssen lauter sprechen. Mein Hörgerät, wissen Sie, da fehlen die Batterien, schon seit drei Wochen.“

Ich (aaargghh, versuche zu schreien, Hals schmerzt dabei noch mehr und löst sich dabei in kleine scharfkantige Fetzen auf): „Wie geht es Ihnen?“

Frau W (sich ratlos ans Ohr greifend):  „Aaaah, wie es mir geht? Na gut. Ich weiß gar nicht, was ich hier soll, meine Tochter hat mich ins  Krankenhaus gebracht.“

Ich: „Und wo ist ihre Tochter jetzt?“

Frau W. “ Die ist ist jetzt für 14 Tage im Urlaub, mußsichjaauchmalerholen. Die pflegt mich ja sonst.“

Ah, ja. Die Solidargemeinschaft trägt ja die Kosten.

Auf Zimmer 11:

Hier liegt der delirante Patient Herr T. Er musste wieder aufgenommen werden mit einem neuen Herzinfarkt und einer Pneumonie.  Dafür geht es ihm erstaunlich gut. Er versucht nicht,  mich zu schlagen oder mir ins Gesicht zu spucken. Am Vortag hatte der Sohn angerufen. Er  hatte sich bitterlich darüber beschwert hatte, wir hätten seinen Vater beim letzten Aufenthalt  nur „verwaltet“. Wenn er mit verwalten  “ Leben retten“ meint, bitte sehr.

Die Ehefrau ist bei der Visite mit im Zimmer: „Wir waren ja so enttäuscht, dass es im Krankenhaus so schlecht ging und im Heim auf einmal so gut nach der Entlassung.“

Ich: „Versteh ich jetzt nicht. „ (ich habe mit der Frau endlose Gespräche geführt über den Zustand ihres Mannes und wir waren froh, das er überlebt hat).

Sie: Ja, hier war er so müde und im Heim geht es ihm jetzt gut. Er ist bestimmt hier nur mit Tabletten zugestopft worden.“

Ich (merke, wie mir die Magensäure mal wieder bis zu dem Ohren steigt): “ Seien Sie doch froh, dass es ihrem Mann wieder besser geht.Und die Tabletten, mit denen wir ihn vollgestopft haben, scheinen ja doch zu helfen.“

Sie überlegt und schaut mich dann erstaunt an „Ja, stimmt, da haben Sie Recht.“

Weiter auf Zimmer 12:

Frau G mit einer schweren Hypokaliämie und einem Infekt.

Frau G (unwillig): „Wann kann ich nach Hause?“

Ich: Wenn die Werte in Ordnung sind.“

Frau G. „Sie wollen mich doch bestimmt nur festhalten, um Geld zu machen.“

Ich (geh doch mit deinem Kaliumwert von 2,1 nach Hause und sieh zu, wie du damit klarkommst): Das ist kein Gefängnis. Sie können auch jetzt gerne gehen.“

Frau G: “ Aber nein, ich habe mir doch heute Sauerkraut zum Mittagessen bestellt, das esse ich so gerne. Das geht nicht.“

Ich schließe die Augen. Versuche mich in ein patientenfreies Paralleluniversum zu beamen. Es gelingt mir nicht.  😉

Würde ich…

nochmal Ärztin werden wollen?

Nein, weil zwei Tage ohne Schlaf schon mal im Straßengraben enden können.

Nein, weil Kotze und Blut und Maden auf der Hose kein erstrebenswerter Zustand ist.

Nein, weil die Scheidungs-, Suizidrate bei Ärzten am höchsten und die Schlafrate am schlechtesten ist. Ein Kollege fährt auf gerader Strecke vor einen Brückenpfeiler, ein Kollege  springt vom Dach, ein Kollege…. usw.

Nein, weil ich in meinem Alter die Menschenkenntnis einer 80jährigen habe.

Nein dafür, weil ich helfen kann und Menschen undankbar sind.

Nein dafür, weil eine 80 Stunden Woche nur in der Jugend zu verpacken ist.

Nein dafür, weil ich keine geschwätzigen Menschen mehr ertragen kann, die ausufernd über sich reden und mir meine Lebens-und Arbeitszeit stehlen.

Nein dafür, weil ich Arzt und kein Verwaltungsmediziner sein will.

Nein, weil ich keine langen, gelben Zehennägel mehr sehen möchte.

Nein, weil mir jetzt nichts Menschliches mehr fremd ist.

Ja dafür, weil es ein lebendiger intensiver Beruf und kein Job ist.

Ja dafür, weil es Spaß macht (meistens jedenfalls).

Ja dafür, weil ich soviel gelernt habe und mit meinem Alter bereits die Menschenkenntnis einer 80jährigen habe. Wozu auch immer.

Ja dafür, weil ich helfen kann und Menschen dankbar sind.

Ja dafür, weil ich Karten und Blumen bekomme.

Ja dafür, weil jeder Tag anders ist.

Ja, weil mir nichts Menschliches mehr fremd ist.

Und ein dickes Ja für den Beruf, meinen Beruf, weil ich nach 17 Jahren immer noch gerne zur Arbeit fahre! 😉

Machtmallauter- Bruno Mars – Locked out of heaven

Extremer Guter Laune Song von Bruno Mars. In Kombination mit den Calendar Girls von Victoria Secret macht er noch mehr Spaß!

Mir gefällt der Oktober am besten (das ist die Hexe, die die Zunge herausstreckt).

Ich wollte nur Bruno Mars sehen. Aber wenn ich mir die models so ansehe, arbeite ich jetzt an meiner nächsten Diät und lasse doch lieber heute die Spekulatius weg. 😉

Zustand nach

Heute morgen bringt meine Sekretärin mir einen Konsilschein und legt ihn auf meinen Schreibtisch.

Kurz bevor ich zur Frühbesprechung gehe, überfliege ich ihn.

Darauf steht: „Patientin mit Zustand nach Mamma Karzinom, Zustand nach Nieren Karzinom, aktuell jetzt erste Diagnose: Non Hodgkin Lymphom. Patientin weint ständig. Wir bitten um Vorschlag bzgl. antidepressiver Therapie.“

Ich schlucke trocken. Bekomme kurz eine Gänsehaut.  Drei Krebserkrankungen. Ich frage mich, wie sie das ertragen hat. Wie sie das geschafft hat. Und ich frage mich, ob dort kleine bunte Pillen etwas nützen.

Und ich frage mich, wieso viele  Menschen  im  Zustand gesättigter Grundbedürfnisse nutzlos um ihre Befindlichkeiten kreisen.

Sagt mal Männer…

wieso redet Ihr eigentlich immer so viel?

In dieser Woche beim besten Friseur meines Vertrauens:

Ich (äußerst genervt, nichtsmehrhörenundsehenwollen) sitze auf meinem Stuhl, bin müde und bekomme die Haare gefärbt. Das dauert, mir ist kalt, Kaffee hilft nicht, und die neue „Brigitte“ irgendwie auch nicht.

Es ist voll, trubelig, minütlich schellt das Telefon und es läuft WDR 4 im Radio. Das hebt meine Laune nicht.

Ein Mann betritt die Bühne, Rentner, anscheinend ein Promi, den jeder in Überruhr kennen muss. Ich kenne ihn nicht. Er lässt sich  auf den Stuhl gegenüber fallen. Es erfolgt endloses Gerede über Fußball, lautes harziges  Gelächter, eine gewisse Kneipenatmosphäre macht sich breit. Noch ein Pils dazu?

Dem will ich entgehen. Ich durchwühle die Tasche nach meinen Kopfhörern für meine Musik. Die liegen natürlich zu Hause.

Dannmußichdawohldurch.

Die Tür geht wieder auf (ich kann das Glöckchen Bimmeln schon nicht mehr hören).

Ein zweiter PromiRentner betritt die Bühne und wird lauthals begrüßt.

Es erfolgt ein langerlanger Bericht über seinen letzten Krankenhausaufenthalt. Wie er den Ärzten mal so richtig Bescheid gestoßen hat. Und dem Chefarzt mal die Meinung gesagt hat. Und klar hat er die Medikamente vom Krankenhaus für vier Tage umsonst mitbekommen, versteht sich von selbst. Hat er ja einen Anspruch drauf. Es erfolgt ein endloses Lamento über das schlechte Krankenhausessen. Der Nachtisch war nicht so lecker auf der Komfort Station. Und er musste eine halbe Stunde im Röntgen warten.

Ich merke, wie mir die Magensäure durch die Ohren steigt und den Nacken runterrinnt. Bevor ich ihn mit einem Fönkabel erwürge, sage ich laut: „Ich kann  diese endlose Schwätzerei nicht mehr ertragen!“

Totenstille. Alle Dauerwellenköpfe fahren herum und schauen mich entgeistert  an.

Darauf greift der Vollversorgungsmentalist zu seinem Handy und ruft seine Tochter an.

Um ihr lauthals genau die gleiche Geschichte nochmal zu erzählen.

Ich gebe mich geschlagen.

Mein Friseur massiert mir ausgiebig meinen Kopf und lächelt mir leise im Spiegel zu …

Schnee – nee

Schnee ist schön, wenn ich  nicht arbeiten muss.

Schnee ist schön, wenn ich  nicht jeden Tag 130 km pendeln muß.

Schnee ist schön, wenn ich zu Hause vor der Heizung sitzen kann und nicht pünktlich zur Arbeit muss.

Schnee ist schön, wenn vor mir keine  schleichenden ängstlichen Autofahrer mit Sommerreifen fahren.

Schnee ist schön, wenn ich nicht auf die unzuverlässigen Salzstreuer der Stadt Essen angewiesen bin.

Schnee ist schön, wenn ich nicht als Vollzeitarbeiter parallel zu Hause Schnee fegen muss. Ein  Ding der Unmöglichkeit, bin ich ein Klon? Und nur damit vorbeistöckelnde Uschis sich mit ihren high heels nicht auf die Nase legen.  Der Stadt Essen ist dies jedoch nicht zu zumuten.

Schnee ist schön, wenn ich nicht immer die Begriffe Schneewalze, Katastrophenwinter oder Straßenchaos lesen muss.

Ja, dann ist Schnee schön, wenn ich einfach durch unberührte Schneewiesen laufen kann und eiskalte Luft im Gesicht spüre. 😉