Stellenwechsel

Phase 1: Bin aufgeregt. Freue mich. Die ganze Nacht nicht geschlafen. Kittel ist frisch gewaschen und sogar gebügelt. Bin eine halbe Stunde zu früh da. Die Sekretärin hat Urlaub, die Stellvertretung weiß von nichts. Kennt mich nicht, weiß nicht, wo ich hin soll. Meine „Kollegen“ holen mich nicht ab, zuviel zu tun. Danke schön. Überlege kurz, ob sofort kündigen soll. Sitze 30 Minuten auf dem Flur, spiele PvZ . Von mir aus. Hektische rote  Flecken am Hals.

Phase 2: Mache Visite, bin in meinem Element, Patienten sind nett.Laufe über die Station. Stelle mir vor, wie der neue Therapieraum aussieht. Die blonde Sekretärin ist unglaublich schrecklich. Keiner traut sich in ihr Zimmer.

Phase 3: Der Chef ist nett.

Phase 4: Die Cafeteria ist unglaublich schlecht. Der Kaffee, ach lassen wir das. Die Sekretärin hat gekündigt. Gut.

Phase 5: Ich mache hier was ganz Großes draus. In einem Jahr. Zertifizierung sollte gehen. Die Pflege ist eine Katastrophe.

Phase 6: Ich mache hier was ganz Gutes draus. In drei Jahren. Bloß keine Zertifizierung. Der Sozialdienst  ist eine Katastrophe. Meine Kollegen. Nun ja.

Phase 7: Esse mittags nur noch Käsebrötchen.

Phase 8: Der Chef zeigt mir ein You tube Video mit einer süßen Katze. Frage ihn, wie es mit der Bettenverteilung weiter geht. Er zeigt mir ein zweites Video mit einem Jack Russell.

Phase 9: Überlege kurz, ob ich meine rote Kaffeemaschine in mein Büro stelle. Nein. Die zwei Besucherstühle für mein Büro sind  nach sechs Monaten schon da. Respekt.  Immer wieder schön, wenn ich mit den Angehörigen im Stehen auf dem Flur sprechen muss.

Phase 10: Zwischengespräch: Der Chef beurteilt mich. Ich frage ihn, ob ich auch die Klinik beurteilen darf. Verlegenes Lächeln. Streite mich mit dem Radiologen um Betten. Streite mich den Intensivmedizinern um die Betten. Schlafe schlecht. Kann jetzt Abdomen CTs befunden. Die Tumorkonferenz ist interessant. Die Onkologen sind seltsam.

Phase 11: Treffe im Aufzug einen Gynäkologen. Er fragt: „Haben Sie sich eingelebt?“ Ich sage nichts. Er: „Ja, es ist nicht einfach hier.“ Korrekt.

Phase 12: Habe Montag ein Bewerbungsgespräch.

9 Kommentare zu „Stellenwechsel“

  1. Aber Phase 2) zu Phase 4) kannst du doch alles vollen Erfolg verbuchen:

    Du kommst und die Sekretärin kündigt. Und das war scheinbar dann auch noch (d)eine gute Tat für die Kollegen.

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