Ex Machina

Geht in den Film, wenn

– Ihr frische Schauspieler sehen wollt.

– Ihr wissen wollt, was „Marys Zimmer“ für ein Gedankenspiel ist.

– Ihr auf sexy Roboter steht.

– Ihr philosophische Kammerspiele mögt.

– Ihr täglich Wodka und Bier durcheinander trinken könnt.

– Ihr ein furioses Ende sehen wollt.

– Ihr  sterile klaustrophobe Räume mögt.

Geht nicht in den Film, wenn

– Ihr müde seit. Es besteht die Gefahr, dass Ihr bei Tag drei einschlaft.

– Ihr an das Gute im Roboter glaubt.

Ausrufezeichen

Gestern bei meinem neuen Friseur.

Ich habe mir vorher extra die Haare gewaschen (das ist als würde man putzen, bevor die Putzfrau kommt), ich habe mich vorher extra geschminkt. Mascara mit Volumeneffekt, schwarz, dreimal, Augenbrauenstift, braun, einmal, Foundation (sehr sorgfältig) zweimal, auch am Hals verstrichen, damit man keine Ränder sieht, Lippenstift, Lipliner. Den abgesplitterten rosa Mädchennagellack sorgfältig übermalt, zweimal. Kurz, ich fühle mich schon wie eine Schauspielerin in der Maske.

Bei der Beratung mustert Dennis (ja, er heißt wirklich so), der Friseur mich kritisch:

„Du bist ja eher der sportliche  Typ. Kein Make up. Keine Schminke. Da machen wir was ganz Natürliches!!!“

Mir fällt fast die Tasse Kaffee aus der Hand. Genau, vollkommen natürlich.

Tief in mir brüllt mein rosafarbenes Ich: 

„ICH BIN EINE FRAU (drei Ausrufezeichen).“

„ICH BIN GESCHMINKT (vier Ausrufezeichen).“

„ICH BIN NICHT DER  GEFLOCHTENE NATURSANDALENTRÄGER UND  JACK WOLFSKIN VEREHRER  (fünf Ausrufezeichen).“

„ICH WILL EINE FLASCHE HAARSPRAY, EXTRA STRONG  UND EIN KILO LOCKENWICKLER, BIG HAIR,  MINDESTENS (sechs Ausrufezeichen).

Dann nach einer Minute räuspert sich mein  reales Ich mit den flachen Sneakern: „Ja, genau was ganz Natürliches. Einfach mit den Händen fönen.“ (ein Ausrufezeichen, kein Fettdruck).

Ruhe!

Heute im Aufzug:

Fünf müde Ärzte auf dem Weg zu Frühbesprechung. Keiner spricht, alle gucken stumpf vor sich hin. Denken an Kaffee. Heiß, schwarz. Denken ans Wochenende. Der Aufzug hält im Erdgeschoß. Herein strömt eine gut gelaunte schnatternde Hausfrauentruppe auf dem Weg zum Bewegungsbad. Sie bringen eine Woge kalte Morgenluft mit rein. Sie sind laut. Sie lachen. Wir sind müde. Denken an Kaffee. Denken ans Wochenende.

Die Anführerin mit kurzen Haaren und „kesser“ grauer Strähne im schwarzen Pony (ich hasse das) ergreift sofort das Wort:

„Guten Morgen!!!!“ Lautstärke gefühlte 100 dB.

Ich murmel etwas zurück. Am liebsten würde ich gar nicht grüßen. Wozu auch? Aber unser Leitbild.., nett zu den Kunden sein.., Außenwirkung.. usw.

Das Pony gibt nicht so schnell auf.

„Was für ein Wetter!!! 120 dB.

Jaaaaa.  Das gute alte Wetter. Von dem Wetter kriegen wir nix mit. Und auf dem Stationsflur riecht es nach Clostridien. Und wir müssen arbeiten. Und wir hatten noch keinen Kaffee.

„Und alle  gucken so ernst!! 125 dB.

Ich gucke einfach nur auf meine Schuhe. Entdecke einen Fleck. Will nicht wissen, was das ist. Lassmicheinfachinruhe, dummes Pony, du.

Vergeblich. Das Pony schalmeit weiter:

„Sind doch alle noch so jung, da muß man doch bessere Laune haben!

130 dB.

Nein, muß ich nicht. Wir haben unser Recht auf unseren gepflegten Morgengrummel . Und auf eine ruhige Minute im Aufzug. Mit 0 dB. Danke. 🙂

 

 

 

 

 

 

Lackbrösel

Anzeichen, dass der Lebenslack langsam aber sicher abbröselt:

1. Ich gehe mehr als einmal im Jahr in eine Apotheke.

2. Ich habe eine Lieblingsapotheke. Mit einem Lieblingsapotheker.

3. Ich habe eine Baumwolltasche mit dem Logo meiner Lieblingsapotheke.

4. Ich sammel Wertmarken, die ich einklebe um 5 Euro Rabatt zu bekommen.

5. Ich bekomme Anti Rides Serum für die anspruchsvolle Haut.

6. Die Studenten halten mir die Tür auf und müssen ihren Schritt verlangsamen, weil ich nicht so schnell bin.

7. Ich weiß nicht, was oder wer Babo ist. Halte es für eine ungarische Billigautomarke.

8. Überlege, ob ich in einen ebenerdigen Bungalow umziehen soll.

9. Es knackt in meinem  linken Knie so laut, dass ein Kollege sich gestern erschreckt umgedreht hat.

10. Ich bin die Älteste bei H&M. Und die Jüngste bei Appelrath und Küpper (aber da passt mir sowieso nie was).

11. Ich überlege, ob ich noch Chucks tragen kann.

12. Ich überlege, ob ich noch ärmellose Shirts tragen kann.

Und der größte Lackbrösel ist:

Die verständnislosen Blicke meiner Assistenten, wenn ich begeistert vom letzten Bruce Springsteen Konzert schwärme.

Woche 14

Gesehen: Mal wieder Dr. House. „ Ich behandle Krankheiten und keine Patienten“. Yessss.

Gelesen: Einen alten Grisham, den D. im Zug gefunden hat. Kannte ich noch nicht.

Gearbeitet: Ja.

Gesäubert: Terrasse mit dem Kärcher. Macht Spaß. Und Krach.

Gedacht: Gegen Gelenkschmerzen älterer Menschen hilft nichts so sehr wie die Öffnung von Aldi am Montagmorgen, wenn es graue Gartenmöbel gibt.

Gespielt: Candy crush, schreckliches Spiel. Hänge seit zwei Tagen in einem rosa Gelee Bonbonlevel am Limonadensee fest.

Gewundert: Wieso gibt es am Mittwoch vor Ostern schon keinen Stuten mehr bei Penny?

Geturnt: Stehen auf einem Bein auf einem Schaumstoffpad.

Genervt: Liveticker.

Getrunken: Ich habe die Hugozeit eröffnet.

Gewesen: Auf dem Drachenfels. Wer hat diesen häßlichen Restaurantkubus für neun Millionen dort genehmigt?

Gelernt: Die einfachste Art, etwas wiederzufinden: Kauf es Dir nochmal, kehre in deine Wohnung zurück und finde es unter dem Küchentisch.

 

 

Stellenwechsel

Phase 1: Bin aufgeregt. Freue mich. Die ganze Nacht nicht geschlafen. Kittel ist frisch gewaschen und sogar gebügelt. Bin eine halbe Stunde zu früh da. Die Sekretärin hat Urlaub, die Stellvertretung weiß von nichts. Kennt mich nicht, weiß nicht, wo ich hin soll. Meine „Kollegen“ holen mich nicht ab, zuviel zu tun. Danke schön. Überlege kurz, ob sofort kündigen soll. Sitze 30 Minuten auf dem Flur, spiele PvZ . Von mir aus. Hektische rote  Flecken am Hals.

Phase 2: Mache Visite, bin in meinem Element, Patienten sind nett.Laufe über die Station. Stelle mir vor, wie der neue Therapieraum aussieht. Die blonde Sekretärin ist unglaublich schrecklich. Keiner traut sich in ihr Zimmer.

Phase 3: Der Chef ist nett.

Phase 4: Die Cafeteria ist unglaublich schlecht. Der Kaffee, ach lassen wir das. Die Sekretärin hat gekündigt. Gut.

Phase 5: Ich mache hier was ganz Großes draus. In einem Jahr. Zertifizierung sollte gehen. Die Pflege ist eine Katastrophe.

Phase 6: Ich mache hier was ganz Gutes draus. In drei Jahren. Bloß keine Zertifizierung. Der Sozialdienst  ist eine Katastrophe. Meine Kollegen. Nun ja.

Phase 7: Esse mittags nur noch Käsebrötchen.

Phase 8: Der Chef zeigt mir ein You tube Video mit einer süßen Katze. Frage ihn, wie es mit der Bettenverteilung weiter geht. Er zeigt mir ein zweites Video mit einem Jack Russell.

Phase 9: Überlege kurz, ob ich meine rote Kaffeemaschine in mein Büro stelle. Nein. Die zwei Besucherstühle für mein Büro sind  nach sechs Monaten schon da. Respekt.  Immer wieder schön, wenn ich mit den Angehörigen im Stehen auf dem Flur sprechen muss.

Phase 10: Zwischengespräch: Der Chef beurteilt mich. Ich frage ihn, ob ich auch die Klinik beurteilen darf. Verlegenes Lächeln. Streite mich mit dem Radiologen um Betten. Streite mich den Intensivmedizinern um die Betten. Schlafe schlecht. Kann jetzt Abdomen CTs befunden. Die Tumorkonferenz ist interessant. Die Onkologen sind seltsam.

Phase 11: Treffe im Aufzug einen Gynäkologen. Er fragt: „Haben Sie sich eingelebt?“ Ich sage nichts. Er: „Ja, es ist nicht einfach hier.“ Korrekt.

Phase 12: Habe Montag ein Bewerbungsgespräch.