Ob ich wirklich

..so beliebt in der Welt bin, wenn ich nur noch hinter 5 cm dicken  Panzerglas sprechen kann?

Ob ich wirklich ein Freund bin, wenn ich nur mit einem Auto fahren kann, das „The beast“ heißt, 1000 kg wiegt und die Türen mindestens dreißig cm gepanzert sind?

Ob ich wirklich ein Freund bin, wenn mich 8000 Polizisten schützen müssen?

Ob ich wirklich beliebt bin, wenn ich vor 4000 ausgesuchten handverlesenen berufsklatschenden Menschen sprechen kann, die auf Tribünen sitzen, die an Kommunismus erinnern?

Ob ich wirklich beliebt und unter Freunden bin, wenn ich zu Besuch komme und keiner mehr auf seinen eigenen Balkon  kann?

Ob ich wirklich ein guter Freund bin, wenn ich da noch von Freiheit rede?

Wenn das Freunde und die neue Freiheit ist, good night Mr. President.

Der Chef geht

Bald ist der Chef weg. Nur noch wenige Tage, dann geht er in Rente.

Keine ultralangen Frühbesprechungen  am Montag mehr mit ihm.

Kein langes Quatschen am Freitagmittag über unsere Wochenendpläne. Er ins Museum nach Essen, ich ins Kino nach Mülheim oder umgekehrt. „In welchen Film? In welche Ausstellung? Wo kann man gut essen gehen in Essen, Frau Doktor? Chef, ich habe Dir doch mal einen langen Zettel mit Tips geschrieben. Hmmm, den finde ich jetzt nicht, Frau Doktor. Och Chef…“

Kein freundliches „Guten Morgen Frau Doktor!“, dass er mir jeden Morgen durch die offene Verbindungstür ruft.

Kein Verdammt noch mal, wo ist mein Password?!“  Unter der Tastatur auf dem kleinen Schmierzettel, Chef!

Nie wieder seine Zahnlücke sehen, wenn er lacht.

Nie wieder seine langsamen, etwas schleppenden  Schritte auf dem Krankenhausflur hören.

Keine Dienstpläne  a´la Chef  „Die ersten drei Wochen im Februar/März/April/Mai bin ich weg, aber dafür mache ich Weihnachten und den 18. Juni.“… mehr mit ihm machen.

Nie wieder den Satz hören: „Der Irrsinn tanzt“ , wenn er sich über Politik oder Angehörige oder beides aufregt.

Nie wieder den Satz von ihm hören, wenn ich mich über Politik oder Angehörige oder beides  aufrege: „Ach Frau Doktor, es  fließt so viel Wasser den Rhein runter“ . Ja, Chef, ich weiß. Trotzdem.

Nie wieder  mit ihm in der Cafeteria essen und fassungslos staunen, wenn er den Pfefferstreuer aufschraubt und den Pfeffer schichtenweise!  über sein Essen streut. Ohne vorher zu probieren.

Nie wieder seine Butterbrottüte mit Rosinenstuten und  Leberwurst drauf auf seinem Schreibtisch liegen sehen.

Ich hoffe, er lässt mir das Bild mit dem Kühlschrank am holländischen Strand da, das an seiner Wand hängt.

Und ja, ich werde auf seiner Verabschiedung heulen. Ichkennmich.