Ja!

Stellenwechsel machen nicht immer Spaß. Da gibt es die Kollegen, die seit 10 Jahren auf der gleichen Stelle hocken. Flexibel wie eine Pyramide in Ägypten. Habnwirschonimmersogemacht.Da gibt es die Chefs, die eine Führungsstruktur wie bei den alten Preußen haben. Stillgestanden. War es die richtige Entscheidung?

Trotzdem denke ich morgens Ja!, wenn ich nur noch 14 km zur Arbeit fahren muß. Und nicht mehr 60 km.

Ja! denke ich, wenn ich nur noch alle zwei Wochen tanken muss und der Tankwart mich nicht kennt.

Neiiiiiin, denke ich, wenn ich mir die Riesenbaustelle á la BER  anschaue, in die meine Klinik verwandelt wird.Und ich vor lauter Bohrlärm nix mehr hören kann. Und ich in eine Pfütze trete, auf dem Stationsflur, weil ein Rohr geplatzt ist.

Jaaaaa!, denke ich, wenn ich dann in dem neuen tollen Hörsaal stehe. Und ein bißchen stolz bin.

Ach nö, wenn ich in die volle und laute Cafeteria gehe, in der eine Riesenschlange schnatternder Studenten vor mir steht.

Ja toll!, wenn ich eine Gesundheitsmesse organisiere und einen Altersanzug anprobiere.

Neeemussdassein, wenn mein Chef wieder leitliniengerecht kontrakte 98 jährige mit einem Fettsenker behandelt.

Ach nein, wenn die Visite wieder drei Stunden dauert. Knie Rücken und so.

Jajaja!, wenn Chef mir die neuesten Studien vom Kongress aus Nizza erzählt.

Nein, wenn ich mich mal wieder mit der langsam denkenden Verwaltung zanke.

Und ein dickes JAAAA!, wenn Mehtap mir die fehlende Akte bringt. Zusammen mit einem Kinderriegel und einem Hanuta.

🙂

 

 

 

 

 

 

 

Rückblick

Jahresende, Zeit der Rückblicke im blog!
1. Auf einer Skala von 1 bis 6: Wie war das Jahr?
Eine gute Zwei. Aufregend.
 2. Zugenommen oder abgenommen?
Wie gesagt, das Alter, die schweren Knochen, Stress, Cocktails. Echt jetzt.
 3. Haare länger oder kürzer?
Wie immer, vielleicht lasse ich doch mal wieder wachsen. Um sie wieder abzuschneiden. Um sie wieder wachsen zu lassen usw…
 4. Besserer Job ?
Im Vergleich zum letzten ist alles besser.
 5. Mehr ausgegeben oder weniger?
Mhhh, weniger. Nicht mehr soviel fürs Training. Mir ist nicht zu helfen.
 6. Dieses Jahr etwas gewonnen und wenn, was?
Materiell nix, ansonsten die Erfahrung, dass Unikliniken auch nur mit Wasser kochen und chaotisch organisiert sind. Diktiergerät Wartezeit drei Monate.
 7. Dein Unwort des Jahres?
Wirschaffendas.
 8. Dein Wort des Jahres?
Ichwilldasnichtschaffen.
 9. Mehr bewegt oder weniger?
10.000 Schritte am Tag. Na ja, nicht immer.
 10. Erkrankungen dieses Jahr?
Nö 🙂
 11. Das schönste Erlebnis:
Nach meinem Vortrag (nicht vor!), Red hair days mit D. in Breda, Regen in London, enge Gassen mit D. in Yorck, Weizenbier alleine im Garten mit Millionen Gänseblümchen. Warten auf D.am Flughafen.
 12. Das schlimmste Erlebnis:
Wenn Freunde mich nicht fragen, wie es mir geht.
 13. Das gefährlichste Erlebnis?
Habe mich von Ikea verfahren. Stand dann in der Altstadt auf einer Kreuzung und wurde von einer Straßenbahn bedroht.
 14. Das leckerste Essen?
And the winner is: *Trommelwirbelundtusch* Aloo gobi (Kartoffeln mit Blumenkohl) vom Rajdarbaar. Und der Spieß von meinem Papa mit viel Zwiebeln!
 15. Der beste Drink?
Rumtopf von meiner Mama. Wie immer. Aber der Negroni in München war auch nicht zu verachten
 16. Das beste Lied?
„Und los“ von den Fantastischen Vier. Und The Beatles mit „A day in the life“.
 17. Der beste  Film?
Mad Max – Fury road.
 18. Die beste Band?
Sondaschule fand ich gut.
 19. Zum ersten Mal getan?
Ein headset Mikrofon auf einer Bühne ins Haar gefriemelt, drei Gänge Menü gekocht. Ohne Hilfe. Beides.
 20. Dinge, auf die ich gut hätte verzichten können?
* Stellenwechsel.
* Straßen NRW, wie immer.
* Angela Merkel.
*Flugzeuge mit einem Knie Sitz Abstand von Minus 10 cm.
 21. Worauf ich nicht mehr verzichten möchte?
 Diesel für 99 Cent, friendsandfamily.
 22. Dein Leitspruch für dieses Jahr war…?
Manchmal kann man nichts machen außer weiter. Bin ich nicht weise?!
23. Deine Vorsätze für 2016:
Meiner Mutter ein neues smartphone aufschwatzen.
Geduldiger werden (*prust*). Und so halt.

Bildungsfernsehen

Ist ja unglaublich, was man an einem verregnetem Tag so im Fernsehen sehen kann!

Ich habe Claudia Effenberg gesehen, die Beziehungstipps gegeben hat (ist das nicht die Fußballmatratze begabte Dirndldesignerin)??

Ich habe eine Tiertrainerin mit dunklen Augenbrauen wie Raupen gesehen, die sich begeistert über achsoniedliche Fellnasen ausgelassen hat. Das heißt Hund! Sitz und mach Platz!

Ich habe Hochzeiten gesehen, mit einem Budget von 20.000 Euro, wo über die lokäischn (wie hieß das eigentlich früher???) gemeckert wurde.

Ich habe „Deutschland sucht den Superspast Superstar“ gesehen, wo Kandidaten  ihren Namen furzen können.

Ich habe faszinierende Menschen bestaunt, die vollkommen grammatikfrei Deutsch sprechen können.

Ich habe Frauentausch gesehen, wo eine Kölner Homosexuellen WG auf eine Allgäuer Christin mit 5 Kindern  trifft.  Und der schmierlappige deoferne Thorsten auf die putzwütige Silvia.

 

Ich durfte Shakira-Samantha, 17 Jahre alt, alleinerziehende Mutter, arbeitssuchend aus Bergheim bewundern.  Sie war bisher zweimal in Jugendhaft und einmal bei Super Nanny (die konnte aber auch nicht helfen).

Da bekommt der Begriff Bildungsfernsehen eine komplett neue Bedeutung.

 

 

 

 

Vortrag

Chef will einen Klinik Abend mit Vorträgen für die Niedergelassenen machen. Der Vortrag soll nur 20 Minuten dauern. Ganz einfach, was Schnelles. Das können Sie ja gut.

Als ich den Flyer lese, wird mir komisch im Magen. Ich bin um 17 Uhr dran. Vor mir ein Priv. Doz., nach mir eine Professorin aus dem UKM, danach mein Chef aus der Charité.  Das Ganze im neuen Hörsaal.

Ich kriege feuchte Hände, mein Magen tanzt Tango.

Um es kurz zu machen: Ich habe mich noch nie auf einen Vortrag so vorbereitet wie auf diesen. Täglich bastel ich an meinen Folien. Vor der Arbeit, in der Arbeit, nach der Arbeit. Im Schlaf. Lese im New England Journal, lese in den Leitlinien, lese, schreibe, lösche.  Finde meine Präsentation zu bunt, zu unwissenschaftlich, zu lang. Kürze sie. Ein bißchen Buntes lasse ich. Erzähle den Vortrag dreimal täglich mit Stoppuhr. Rede im Auto laut vor mich hin.

Speicher es auf zwei sticks. Habe Angst, dass open office nicht gelesen wird.  Gucke mir vorher den Hörsaal an. Hoffentlich stolpere ich nicht über die Stufen.

D Day: Kalte Hände, ich räuspere mich alle drei Sekunden. Ich bin underdressed. War ja irgendwie klar. Alle im Anzug, ich im Kittel. Aber hohe Schuhe. Die Professorin aus dem UKM gibt mir nicht die Hand. Es wird ein Gruppenfoto von allen Vortragenden gemacht. Ich in der Mitte. Der Fotograf mustert mich und sagt:  Sie haben so viel in der Kitteltasche drin, das beult aus, können Sie es bitte auräumen? Na super. Hole mein Stethoskop, meinen Reflexhammer und die Ricolas aus meiner Tasche. Die zierliche Professorin wirft mir einen spöttischen Seitenblick zu. Du mich auch.

Sitze in der ersten Reihe. Und dann geht es los. Chef kündigt mich an. Ich falle nicht die Stufen hoch. Ich muss mir das headset reinfriemeln. Meine Haare stehen ab. Der Scheinwerfer blendet mich. Ich muss hinter dem Pult stehen bleiben, darf nicht laufen. Meine Mikrofonstimme hört sich seltsam fremd an. Ich atme zu schnell. Nach zwei Minuten  gucke ich genauer ins Publikum, sehe den orthopädischen Professor hinten sitzen. Er trinkt einen Kaffee. Ich werde ruhiger. Bin  sieben Minuten zu früh fertig. Alle klatschen, eine kurze Frage vom Chef. Ich bin durch. Schwebe von der Bühne. Ohne zu fallen. Dauergrinsen.

In der Pause schlägt der orthopädische Professor mir auf die Schulter. Gut gemacht.

Ach ja, die UKM Professorin verheddert ebenfalls ihr headset. Und ihre Haare stehen ab.

🙂

 

Süß oder salzig?!

Winterzeit, Fortbildungszeit.

Ein Kongress in München. Ich werde vor dem gate  von einer aggressiven schwarzhaarigen Promoterin von Barclay abgefangen, die mir eine Visa Karte aufschwatzen möchte. Ein Geschenk… Neee, is klar. Geh weg.

Beim Einchecken: Vierzig Euro für den Koffer. Acht Kilo, nicht drüber, sondern  alleiniges Gewicht… Acht Kilo. Noch bin ich gut gelaunt.

Die Maschine ist voll. Knie Sitz Abstand minus 1 cm. Und die blöde Kuh vor mir macht den Sitz nach hinten. Halloooo??!!  Flugzeit 1 Stunde, 10 Minuten. Bleib senkrecht sitzen!!   Vor mir ausrasierte Nacken, weiße Hemden, teure Uhren.  Neben mir liest einer die Welt im Großformat, bohrt mir seinen Ellenbogen in die Seite. Lies schneller!

Die Stewardessen bieten einen Snack an: Süß oder salzig? Chips oder Prinzenrolle? Will nichts. Der Seitenbohrer bestellt drei Getränke.  Und will süß und salzig. An solchen Menschen wird die Welt untergehen.

In MUC Nebel. Hotel neben der Messe und einer Großbaustelle. Die Bayern Arena glüht giftig rot. Scheiß Bayern. Salzig.

Der Taxifahrer ist cool. LED Beleuchtung im Taxi. Entspannt. Süß.

Auf dem Kongress lässt mir eine hochbehackte arrogante Uschi die Tür ins Gesicht fallen. Süß oder salzig?! Salzig.

Ein Sales Manager will mir seine Visitenkarte nicht geben. Weil ich im Ruhrgebiet arbeite. Da fährt er nicht hin. Hoffe, du versinkst im Salzsee. 

Beim Trinken aus einem Wasserglas entdecke ich eine große Scherbe im Glas. Süß oder salzig?! Salzig.

Ein Blödmann hat meine Kongresstasche geklaut. Süß oder salzig? Salzig!!!

Steak und Cocktail mit Wasabi Nüssen im Hotel. Süß! Aber sowas von.

Neben mir an der Bar: Arrogante Münchner, mit trainiertem Biceps und rosafarbenen Hemden, die sich über 300.000 Euro lustig machen. Salzig.

Auf dem Kongress wird ein weißhaariger imposanter Professor von seinen  Kollegen auseinander genommen. Sehr salzig. Sehr.

Frühstück im Hotel mit einem Kollegen und viel Rührei und Kaffee. Süß.

Rückflug. Boarding dauert eine Stunde. Sechs Passagiere sind überbucht. Salzig.

Am Abend mit D. in DUS. Merke, dass ich mein heißgeliebtes schwarzes Armband mit Glitzersteinchen und Druckknöpfen auf dem Flughafen in MUC verloren habe. Wird mir für 30 Euro zurückgeschickt.

Salzig.

D. tröstet mich.

Süß.

Ein Kollege schickt mir eine SMS. Sein Schwiegervater ist gestorben, vor drei Wochen sein Vater. Sehr salzig.