Es gibt gewisse Dinge, die ich nicht am Montag morgen sehen, hören, machen möchte, bevor ich Kaffee getrunken habe.
Kaum im Büro höre ich nebenan die hektische Stimme einer Verwaltungs“fachangestellen“. „Totenschein…, nicht richtig ausgefüllt…., diensthabende Ärztin schon weg….Bestatter steht da…, wer macht es jetzt??? „ Wer wohl? Ich ergebe mich in mein Schicksal morgens um 07.30 Uhr einen Totenschein auszufüllen. Bringtbestimmt Unglück. Echt jetzt.
Weiter geht es auf der Frühbesprechung. Schwester Katja erzählt von Herrn M.
Herr M. hat eine Hirnblutung und nebenbefundlich (so ein typischer medizinischer Ausdruck) eine leere Augenhöhle nach Tumoroperation. Ein wirklich netter Mann, aber wenn ich mit ihm spreche, gucke ich schluckend in eine leere Augenhöhle, weil dort keine Prothese hält. Katja, die schon Kaffee getrunken hat, erzählt ausführlich mit grinsendem Blick in unsere blassen Gesichter, wie sie die Augenhöhle saubergemacht und eine grüne Tamponade rausgezogen hat.
Mir wird flau, der muskelbepackte Physiotherapeut kotzt fast und hält sich dann entschlossen die Ohren zu. Ich muß dadurch. Echt jetzt.
Weiter geht es auf der Visite. Eine ältere Dame hilflos in der Wohnung aufgefunden. Der Sanitäter hat sich übergeben müssen, als er die Wohnung gesehen hat. Das Pflegepersonal hat die Patientin schon dreimal geduscht und man riecht sie immer noch vom Flur aus.
Endlich Pause. In der Cafeteria. Der Kaffeeautomat ist kaputt. Worst case in einem Medizineralltag. An der Kasse vor mir steht ein Patient mit blutgefüllten Redons, hinter mir einer im Bademantel und Urinbeutel.
Ich fliehe in mein Büro und esse dort.
Der Controller kommt rein, legt mir einen gefühlten Meter Akten auf meinen erst am Freitag komplett geleerten Schreibtisch und verschwindet mit einem „Schönen Tag noch!“ grinsend in den Feierabend. Wie gesagt, es gibt gewisse Dinge….