Arztbrief

Typische Medizinerfloskeln, über die  man in jedem Arztbrief stolpert.

-…unseres Erachtens nach unzureichende häusliche Versorgung… – wir haben uns den Mund fusselig geredet, aber die demente 90jährige Dame geht wieder nach Hause und läßt den Herd an, weil der Sohn aus Hamburg/Düsseldorf/Stuttgart es so will.

…auf eigenen Wunsch und gegen ärztlichen Rat verließ der Patient das Krankenhaus – Sehen Sie doch zu,  wie Sie mit  Ihren Zuckerwerten von 400 mg/dl  zurecht kommen. Wir sind nicht Schuld, wenn Sie  ins hyperglykämische Koma fallen. Hastdunudavon!

…wie bereits in den zahlreichen Voraufenthalten kam Herr M. mit rezidivierenden hypertensiven nächtlichen Krisen bei medikamentöser Incompliance – Wir können ihn nicht mehr sehen. Immer müssen wir nachts aufstehen und seinen Bluthochdruck behandeln, weil er seine Tabletten nicht nimmt. Gnarr, gnarr.

…entließen wir ihn in stabilen Allgemeinzustand auf niedrigem Niveau… – gerade noch mal hingekriegt.

… Wir danken für die prompte Übernahme… – Bleibt Euch Chirurgen ja gar nichts anderes übrig, als den Ileus zu operieren. Von wegen“ nur Verstopfung“.

-…wies der Patient  Orientierungsstörungen auf… Hat sich nachts zu Frau M. von Zimmer 8 ins Bett gelegt und sie zu Tode erschreckt.

-…wies der Patient deutliche Orientierungsstörung auf… Hat nachts in  den Papierkorb von Zimmer 8  gepinkelt.

-…unter ambulant begonnener Neuroleptikamedikation kam der Patient erneut deutlich vigilanzgemindert zur Aufnahme…Bitte HerroderFrau Hausarzt lass doch mal das Risperdal weg. Er schläft dann nur noch. Haben wir dir schon so oft gesagt. Echt jetzt.

-… schwere Alkoholintoxikation und verließ die Station am nächsten Tag ausgenüchtert ohne Rücksprache…Hat uns die ganze Nacht auf Trab gehalten, Pfleger Kai über den Kittel gekotzt und die Krankenkasse hat es bezahlt.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Bära

 

Noch so´n Spruch

„Sneaker darf man nicht waschen, weil sie sonst die Seele verlieren.“

Die sehen schon sehr neuweiß aus, wenn sie wieder aus der Waschmaschine ans Licht tauchen. Aber sie riechen auch wieder sehr gut. Da kann ich doch glatt auf die Sneakerseele verzichten. Dummspruch.

Genau wie der Ausdruck „kühles Leinen im Sommer.“ Leinen ist weder kühl noch sonstwas. Leinenhosen sind  nach 40 Minuten Bügeln und 30 Sekunden Tragen genauso faltig wie die Oberschenkel meiner Patientin von Zimmer 4. Echt jetzt.

„Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ meint Karl“DünnerMannmitgroßemKopf „Lagerfeld.  Aber Karl, ich liebe meine Jogginghose. Ziehe ich auch nur zum Sport an! Niemals auf der Couch.Versprochen! Hand drauf! Und Crocs trage ich nur im Garten. Echt jetzt.

 

Keine Daten auf Vorrat?!

Der EuGH hat heute die Vorratsdatenspeicherung für rechtswidrig erklärt, wenn kein Verdacht auf eine Straftat bei dem Überwachten besteht. Damit gelten wieder die demokratischen Rechtsstaatsprinzipien, die vor dem 11. September 2001 auch galten . Dazu auch ein sehr interessanter Kommentar von Peter Schaar (ich mag ihn ja nicht so, aber er hat es gut zusammengefasst)  Der Kommentar wurde vor dem Urteil verfasst:

Vorratsdatenspeicherung: Notwendigkeit nicht nachgewiesen!

Der Europäische Gerichtshof wird voraussichtlich am 8. April sein Urteil über die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (Richtlinie 2006/24/EG v. 15. 3. 2006) sprechen, die die Mitgliedstaaten zur Speicherung der Verkehrsdaten der Telekommunikation verpflichtet.

Wer Grundrechte einschränkt, ist beweispflichtig. Er muss nachweisen, dass die Einschränkungen der persönlichen Freiheit im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit notwendig sind – so schreibt es unser Grundgesetz vor. Dieser Grundsatz gilt auch in der Europäischen Union, spätestens seit die EU-Grundrechtecharta im Jahr 2009 mit dem Vertrag von Lissabon einklagbares Recht der Mitgliedstaaten wurde. Die Richtlinie stammt aus der Zeit vor Lissabon. Im Dezember 2013 hatte der Generalanwalt beim EuGH in seinem Votum die Auffassung vertreten, die Richtlinie verstoße gegen den in Art. 8 GRCh garantierten Schutz der Privatsphäre.

Den Beweis der Erforderlichkeit und Wirksamkeit sind die Autoren und Befürworter der Vorratsdatenspeicherung bis heute schuldig geblieben. Dabei müsste es ihnen doch ein leichtes sein, nach acht Jahren den Nachweis zu führen – wenn denn ihre Argumente wirklich stimmen sollten. So müsste sich eigentlich nachweisen lassen, dass die Strafverfolgung Schaden genommen hat, weil das Bundesverfassungsgericht 2010 das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) für verfassungswidrig erklärt hat. Sind bei uns die Aufklärungsquoten gesunken? Steht Deutschland schlechter da als seine Nachbarstaaten, in denen die VDS praktiziert wird?  Davon kann keine Rede sein. Zudem haben weder die Regierungen der Mitgliedstaaten noch die Europäische Kommission auf andere Weise einen schlüssigen Nachweis für die Erforderlichkeit der VDS führen können.

Dass es Ermittlungsbehörden nicht an Daten mangelt, wird auch am „Fall Edathy“ deutlich: Dem Bundeskriminalamt, dessen Chef Jörg Ziercke zu den entschiedendsten Befürwortern der Vorratsdatenspeicherung gehört, lagen konkrete Erkenntnisse zu einem internationalen Kinderporno-Ring vor. Aus „Kapazitätsgründen“ blieben diese Daten mehr als ein Jahr unbearbeitet. Zudem hört man Klagen aus den Landeskriminalämtern, mit der Auswertung beschlagnahmter Festplatten und anderer Datenträger überfordert zu sein. Wenn die Polizei nicht einmal in der Lage ist, vorliegende Beweismittel zu sichten, warum verlangen ihre Vertreter die anlass- und verdachtslose Speicherung sämtlicher Telekommunikationsdaten?

Inzwischen ist sogar amtlich belegt, dass das unter US-Präsident George W. Bush nach 2001 eingeführte exzessive Programm zur Speicherung sämtlicher Metadaten amerikanischer Telefonkunden keine Terroranschläge verhindert hat. Mehr noch: Diese Super-Vorratsdatenspeicherung hat nicht einmal substanzielle Beweise für Ermittlungen gegen Terrorverdächtige geliefert. Das kann man in dem im Januar vorgelegten Bericht des unabhängigen Privacy and Civil Liberties Oversight Board (PCLOB) nachlesen, der auch die geheimen Akten der US-Sicherheitsbehörden berücksichtigt (Report on the Telephone Records Program conducted under Section 215 of the USA PATRIOT Act and on the Operations of the Foreign Intelligence Surveillance Court, S. 11).

Wie der EuGH zur VDS-Richtlinie entscheiden wird, werden wir bald erfahren. Unabhängig davon sollte politisch auf ihre Aufhebung hingewirkt werden, weil sie unverhältnismäßig in die Grundrechte von mehr als 500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union eingreift. Die Initiative hierfür kann vor allem das Europäische Parlament (EP) ergreifen, das demnächst neu gewählt wird. Fragen Sie die Kandidatinnen und Kandidaten für das EP, wie sie zur VDS stehen. Vielleicht ist die Antwort ja ein geeignetes Kriterium für Ihre Wahlentscheidung.

Ihr

Peter Schaar

Hier der link zum Artikel.
Ob das Urteil etwas ändern wird, bleibt dahingestellt.

Natürlich wieder via Ano, thx!

Gewisse Dinge

Es gibt gewisse Dinge, die ich nicht am Montag morgen sehen, hören,  machen möchte, bevor ich Kaffee getrunken habe.

Kaum im Büro höre ich nebenan die hektische Stimme einer Verwaltungs“fachangestellen“. „Totenschein…, nicht richtig ausgefüllt…., diensthabende Ärztin schon weg….Bestatter steht  da…, wer macht es jetzt??? „ Wer wohl? Ich ergebe mich in mein Schicksal morgens um 07.30 Uhr einen Totenschein auszufüllen. Bringtbestimmt Unglück. Echt jetzt.

Weiter geht es auf der Frühbesprechung. Schwester Katja erzählt von Herrn M.

Herr M. hat eine Hirnblutung und nebenbefundlich (so ein typischer medizinischer Ausdruck) eine leere Augenhöhle nach Tumoroperation. Ein wirklich netter Mann, aber wenn ich mit ihm spreche, gucke ich schluckend  in eine leere Augenhöhle, weil dort keine Prothese hält. Katja, die schon Kaffee getrunken hat, erzählt ausführlich mit grinsendem Blick in unsere blassen Gesichter, wie sie die Augenhöhle saubergemacht und eine grüne Tamponade rausgezogen hat.

Mir wird flau, der muskelbepackte Physiotherapeut  kotzt fast und hält sich dann entschlossen die Ohren zu. Ich muß dadurch. Echt jetzt.

Weiter geht es auf der Visite. Eine ältere Dame hilflos in der Wohnung aufgefunden. Der Sanitäter hat sich übergeben müssen, als er die Wohnung gesehen hat. Das Pflegepersonal hat die Patientin schon dreimal geduscht und man riecht sie immer noch vom Flur aus.

Endlich Pause. In der Cafeteria. Der Kaffeeautomat ist kaputt. Worst case in einem Medizineralltag. An der Kasse vor mir steht ein Patient mit blutgefüllten Redons, hinter mir einer im Bademantel und Urinbeutel.

Ich fliehe in mein Büro und esse dort.

Der Controller kommt rein, legt mir einen gefühlten Meter Akten auf meinen erst am Freitag komplett geleerten Schreibtisch und verschwindet mit einem „Schönen Tag noch!“ grinsend in den Feierabend. Wie gesagt, es gibt gewisse Dinge….