Ist ein Arzt an Bord?

Puuh, das ist ein Satz, den ich nicht an meinem ersten Urlaubstag hören möchte. Nein, definitiv nicht.

Dann folgt der Nachsatz: „Bitte in der hinteren Galley melden.“

Kurz überlege ich, ob meine Haftpflichtversicherung  für solche Fälle zahlt. Bin mir nicht sicher.  Bestimmt nicht. Wenn was schief geht.  Ich denke kurz an einen Flug, der zu neunzig Prozent von Kardiologen besetzt war. Als dort ein Notfall war, hat sich nur eine Hebamme gemeldet. Der Rest hatte Angst.

Melde mich trotzdem. Schäle mich aus meinem Sitz und gehe nach hinten zur Galley. Erstaunte Blicke folgen mir. Die ist eine Ärztin? Ja, binich!

Auf dem Außensitz ein junger hyperventilierender Mann, braungebrannt, schweißüberströmt, aufgerissene Augen. Unruhig. Klassische Flugangst. Er möchte jetzt aussteigen. Sofort. Keine gute Idee bei 7000 Meter Höhe.  Ich halte ihm eine Duty free Tüte vors Gesicht. Ich frage die Stewardess nach Benzodiazepinen. Die Stewardess: „Der Notfallkoffer ist hinten, da müssen Sie mit. Ich darf die Medikamente nicht alleine rausgeben.“

Das glaube ich jetzt nicht.  Was ist wenn jemand reanimiert werden muß? Muss ich dann auch erst nach hinten laufen?  „Das ist Vorschrift“ murmelt die dunkelhaarige Stewardess verlegen. Wennichdasschonhöre.

Die Stewardess puhlt den Koffer mühsam aus der Decke raus. Mein Gott, dauert das.  Ich wusste gar nicht, dass es da oben Stauraum gibt. Tavor habe ich schnell gefunden. Ich stecke ihm die Tablette in den Mund. Es wirkt schnell, er wird ruhiger und schläft ein. Als alles fertig ist, spüre ich eine Bewegung in meinem Rücken. Ein Mann mit Glatze steht hinter mir: Ich bin Arzt!  Haben Sie die Lage in Griff?

Ja, Du Arsch Herr Kollege. Brauchst jetzt auch nicht mehr zu kommen.

Ich bin jetzt fertig. Gehe wieder zu meinem Platz. Ich höre noch wie der „Kollege“ großspurig den Blutdruck misst und sich ausführlich mit der Freundin des jungen Mannes unterhält und sie in grosskotziger  empathischer Manier ein wenig beruhigt.

Als ich wieder auf meinem Platz sitze, muss ich an das Leben des Brian denken. Die Steinigungsszene: „Kann es sein, das Weibsvolk anwesend ist?? Nein, nein, nein….Und muss lachen. Weibsvolk ist doch an Bord!

5 Kommentare zu „Ist ein Arzt an Bord?“

  1. Die Typen kenne ich. Zu Hause erzählen sie dann, dass sie durch ihren Einsatz ein Menschenleben gerettet haben.
    Da wäre ich gerne Gernot Hassknecht. Aber ich kann ja nicht die halbe Welt anschreien. 🙂

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