Reden

Meine ersten offiziellen Vorlesungen habe ich jetzt hinter mir. Der Techniker schließt die drei Türen des Hörsaals. Herzklopfen. Bittebitte lieber Techniker bleib bei mir.  Los geht´s.  Sehe 200 Köpfe vor mir. Die Mädchen mit langen glatten Haaren  (die Jungen irgendwie auch).  Erstaunliche Ruhe. War ich damals auch so?  Ich starte. In dem Moment werden zahlreiche Tabletts aufgeklappt. Ich höre ein leises Klackern der Tastatur. Viele schreiben direkt mit. Andere fotografieren die Präsentation. Ruhig, konzentriert. Erstaunlich.  Ich rede ohne Mikrophon. Ich kann meinen Kittel anlassen. Keine Schminke. T-Shirt. Als ich fertig bin, klatschen alle.  Ich schwebe auf die Station zurück.

Eine Woche später: Patientenveranstaltung. Ich muss dort einen Vortrag halten. Zusammen mit den Chirurgen und Kardiologen. Patientenveranstaltung sind Außendarstellung. Das heißt, nix mit T-Shirt anziehen. Die Männer ziehen Anzüge und Krawatte an, Lederschuhe.  Die Frauen irgendwas  Schickes. Schick kann ich nicht gut.

Also dunkelblaue  Jeans, schwarzes Oberteil mit langen Armen. Und keine hohen Schuhe, saubere  schwarze saubere sneaker müssen reichen.  Dem Fotografen ist es egal. Er meint, ich solle auf dem Gruppenfoto die Nase tiefer halten. Wie denn? Der Chirurg neben mir ist 1,95 Meter, der Kardiologe ebenso. Ich muss mit Mikro sprechen.  Ich höre mich selbst reden. Manchmal habe ich eine Stimme wie Marge Simpson. Geschafft. Danach gibt es Currywurst im Becher. Dafür würde ich 10 Vorträge halten. 🙂

 

Heimat

D. ist Engländer. Wir waren auf Heimatbesuch in Yorkshire.

D. durchlief verschiedene Stadien vor und auf diesem Besuch.

Stadium 1:  Sterling abholen.

Stadium 1 a: Mich zehnmal anrufen. Auf dem Weg zur Bank, in der Bank, nach der Bank, zu Hause. Er wird Sterling abholen, er holt Sterling ab, er hat Sterling abgeholt.

Stadium 1 b: Bilder von den bunten Sterling Scheinen schicken.

Stadium 2: Die Urlaubstage werden durchgeplant. Wir werden uns mit Mr. Nightingale treffen, er wird mir das kircheneigene Schaf zeigen, das den Rasen mäht.

Stadium 3: Die Pläne werden verworfen, das Schaf ist nicht mehr da.

Stadium 4/5/6/: Fish and Chips. Mit Curry Mayonnaise.

Stadium 7 -12:  Yorkshire breakfast.

Stadium 13: Ich spreche Englisch und bestelle mir lässig ein hard boiled egg.

Stadium 14: D. tankt weiter seinen Englischspeicher auf. Ich tanke die klare Seeluft und kann mich an dem Cliff und den buttergelben Narzissen nicht satt sehen

Stadium 15: Laufe fast vor ein Auto, weil ich mal wieder in falsche Strassenrichtung gucke.

Stadium 16: Lerne, dass Kids, die sich Hosen in Socken stecken, wahrscheinlich shoplifter sind.

Stadium 17:  Gehe Sonntags einkaufen, in Ruhe.

Stadium 18: Bye bye Yorkshire. Bye bye dales and moors.