Gestern auf Chefvisite. Später Nachmittag, viele Besucher sind da. Denen man alles nochmal erklären muß, obwohl man es gestern schon Schwiegersohntocherundschwager erklärt hat. Und dabei noch nett sein, Kunden und so. Schnaub.
Zimmer 2: Im Bett eine Patientin mit unklarem Infekt. Davor auf dem Stuhl (Toilettenstuhl, ihhhh. Leute setzt auch nicht auf Stühle im Krankenhaus wo ein Eimer drunter hängt) sitzt der Sohn.
Er ist Mitte fünfzig, sein aufgedunsenes Gesicht ist rot wie eine Mon chèrie Packung , riecht nach drei Schachteln Zigaretten pro Tag seit zwanzig Jahren. Blutdruck geschätzt 230/120 mm Hg. Oh ha denke ich. Der liegt bestimmt in drei Wochen auf dem Coro Tisch. Nun ja.
Daneben steht seine Schwester, deofern, 150 Kilo, fast zahnlos, mit drei Zetteln in der Hand.
Das wird dauern. Und richtig.
Sohn:„Wassn mit meiner Mutter??“
Wir haben gestern mit dir gesprochen Vollhorst. Aber nein, er will es nochmal vom Chef hören. Von mir aus.
Chef süßlich, freundlich (das heißt er ist genervt) erklärt das Krankheitsbild der Mutter ausführlich. Ich gucke aus dem Fenster, morgen ist Freitag, atme durch den Mund. Die Tochter will drei Zettel ausgefüllt haben für wasauchimmer. Dabei erzählt sie ihre Krankheitsgeschichte. Die niemand hören will. Ausführlich. Sie sei früher Chefarztsekretärin gewesen. Mein Chef zuckt leicht zusammen. Ich grinse. Wahrscheinlich stellt er sie sich gerade in seinem Vorzimmer vor.
Ich sage laut: „Wir suchen immer gute Sekretärinnen!“
Chef bekommt einen spontanen Exophthalmus (d.h. ihm fallen die Augen raus). Er guckt mich fassungslos an. Ich tue so, als hätte ich nichts gesehen.
Wir lassen das endlose Geredeundgerede über uns ergehen. Haben ja nur noch gefühlte 100 Zimmer vor uns.
Endlich ist sie fertig. Und nun begeht mein Chef einen fatalen Fehler.
„Haben Sie noch Fragen?“
Neeiiiiiiiiiin Chef, schreie ich innerlich laut auf.
Vollhorst, der kurz auf dem Toilettenstuhl eingenickt ist (wahrscheinlich hat er noch ein Schlafapnoe Syndrom und schnarcht nachts, das die Wände wackeln), schreckt hoch: „Ja, kennse was Gutes gegen Kopfschmerzen?“
Weniger saufen und rauchen würde ich mal sagen.
Mein Chef sieht mich an und lächelt. Diabolisch. Oh ha denke ich.
„Da sprechen Sie mal mit Frau Doktor drüber. Die kennt sich da aus! Die ist Spezialistin für Kopfschmerz.“
Und er gleitet blitzschnell aus dem Zimmer. Lässt mich allein.
Rache.
Revenge is a dish best served cold, so they say…