Zimmer 31

Zimmer 31. Neunzigjährige Patientin mit Niereninsuffizienz. Auf Befehl Bitte  des Chefs gestern fluchtartig zu uns verlegt worden. Das macht mich mißtrauisch.

Und richtig.

Heute morgen ruft mich gleich mein aufgelöster Assistenzarzt an. Der Sohn will sofort mit mir, dem Chef, der Geschäftsführung, der Kanzlerin, Gott und der Bild Zeitung sprechen. Reihenfolge egal.

Ich gehe in  Zimmer 31. Vor mir steht ein wutentbrannter Mittsechziger im Nadelstreifen Anzug, Lederschuhen und gestreiftem Hemd mit einem braungefärbtem Waschlappen in der Hand. Mutti sitzt jammernd und gekrümmt auf dem Toilettenstuhl.

Er fuchelt mit dem Waschlappen vor meinem Gesicht. Ich versuche mir vorzustellen, dass die braunen Streifen was ganz anderes sind. Modernes Pop Art Muster der 70er. Jetzt auch auf Ihrem Waschlappen. Ich sollte Werbung machen. Den Beruf wechseln. Ganz weit weg arbeiten.

Aber nein. Es ist genau das, was ich befürchte.

Der Anzugsohn hat Mutti damit den Hintern abgewischt. Und ihr die Hämorrhoiden wieder reingedrückt. Das würde er jeden Tag machen. Zweimal. Auch hier.  Er würde sich von der Pflege nicht beim Waschen rausschicken lassen.  Nur er könne das.

Er zeigt es mir.

Neee, ich will das jetzt nicht sehen. Es ist Montag, noch kein Kaffee. Zuviel Bilder und Information überfluten mein müdes Hirn.

Vorsichtig weise ich den Waschlappen darauf hin, dass es andere Methoden gibt.

Ein quiekender Aufschrei. Er mache das schon so seit 10 Jahren. Er lebe mit Mutti schließlich in einer Wohnung. Das war mir irgendwie klar. Noch mehr Bilder. Und er schlafe mir ihr in einem…..

Es reicht. Ich täusche eine Besprechung vor und flüchte  in die Stationsküche. Aynur kommt, sieht mein Gesicht.

Sagt grinsend: “ Na, mit dem Sohn von Zimmer 31 gesprochen??“