Helfen

Irgendwann will ich nicht mehr helfen müssen. Es ist dunkelt, regnet, es ist Montag.  Ich biege in den Parkplatz ein. Vor mir schleicht ein silberner Mercedes mit EN. Das kann ja heiter werden denke ich. Und richtig. Er hält vor der Schranke.  Und setzt in einem Schwung zurück. Ohne zu gucken. Herrlich!  Hinter mir ein LKW. Es ist eng. Stundenlanges Rangieren, bloß weil EN doch nicht mehr auf den Parkplatz will. Seine Ehefrau wedelt ungeduldig mit den Armen. Ich könnte  sie aus dem Auto holen und nach EN zurückschießen.   Endlich auf dem Parkplatz. Ich steige aus. Gegenüber steht ein grüner Polo. Daneben eine ältere Frau. Fummelt mühsam am Schloss. Ich tue so, als hätte ich sie nicht gesehen. Es nützt nichts. „Haaaaallooo“ trompetet es in meine Richtung. Können Sie mal eben? Was mal eben? Sprich ganze Sätze!  Die Tür abschließen, klemmt irgendwie.  Ja, auch das mache ich.

Vor dem Aufzug treffe ich das EN Paar. Die irren hilflos umher. Natürlich helfe ich Ihnen gerne und bringe sie auf den Weg. Kunden und so.

Natürlich habe zeige ich Verständnis für eine matronenhafte Tochter, die über dem Tresen hängt mit einer fünf Tage alten Einweisung. Und sich lauthals beschwert, dass wir nicht innerhalb von einer Stunde ein freies Bett auf unserer überfüllten Station herzaubern können.

 

Oben auf der Station 9 lieg ein schwer deliranter 95 jähriger Patient mit einer Hirnblutung. Er schreit seit drei Stunden Hallo oder Hilfe oder Gerti oder Hallo  Gerti. Schlägt und kneift das  Pflegepersonal. Schmiert alles (braun oder gelb ) an die Wände. Die Schwestern haben heute das Bett  fünfmal bezogen. Er ist nicht rehafähig. Die beiden Töchter sehen das anders. Wir würden ihm nicht helfen wollen, sie wollen sich beschweren. Bei der Krankenkasse, bei der Geschäftsführung, bei der Bild. Bei wem auch immer.

In der Stationsküche sitzt Schwester Ebru und heult vor Wut. Sie will gerade nicht mehr helfen.