Lieber Herr S.,

Sie sind bei uns mit einer schweren Herzinsuffizienz behandelt worden. Wir haben Sie wieder gut hinbekommen. Finden wir jedenfalls. Wir wissen, Sie sehen das anders. Leider.

Vor 14 Tagen konnten Sie nur mit zwei Hilfspersonen 5 Meter zur Toilette laufen. Heute  laufen Sie alleine. Und zwar bis zur Cafeteria mit ihrer Frau. Und essen dort ein Stück Erdbeertorte.  Und trinken ein Tässchen Kaffee. Mit viel Milchschaum. In den ersten drei Tagen konnten Sie nur Pudding essen und eine klare Suppe, weil Ihnen immer schlecht geworden ist und Sie sich sofort übergeben mussten. Ohne Sauerstoff sind Sie sofort blau angelaufen. Heute ist ihr Gesicht wieder rosig, der Sauerstoffschlauch ist weg.

Heute bei der Entlassung saßen Sie in ihrem Zimmer. Die jetzt schlanken Beine trotzig auf das Sitzbrett des Rollators gelegt.

Auf unser „Guten Morgen!“

antworteten Sie mir mit verkniffenem Mund:

„Was soll daran gut sein? Wie geht es jetzt weiter? Von wem bekomme ich jetzt  meine Tabletten?

Noch freundlich haben wir Sie darauf hingewiesen, dass wir Ihnen die Tabletten für zwei Tage mitgeben und Sie dann zum Hausarzt müssen.

Darauf erwiderten Sie: „Und wer soll zum Hausarzt gehen und  die Rezepte holen?“

Ich: “ Wer auch sonst immer gegangen ist!“

Ihnen schien die Sache jedoch unendlich kompliziert. Nein, die Frau könne nicht, der Sohn müsse arbeiten und der Pflegedienst mache das nicht. Erschöpft haben wir nach endloser  Diskussion aufgegeben und den Brief mit der Bitte um Zusendung der Rezepte dann an den Hausarzt gefaxt.

Sie sagten dann beim Abschied mürrisch: “ Hoffe, ich muss hier nicht wieder rein!“

Danke. Das hoffen wir auch, Herr S.

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